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Grace-Period-Gesetz soll Unternehmens­übertragungen inner­halb der Familie erleichtern

Kate­go­rien: Klienten-Info

August 2024 

Das unlängst beschlos­se­ne Grace-Period-Gesetz soll Rechts- und Pla­nungs­si­cher­heit (aus steu­er­li­cher Sicht) bei der Über­tra­gung von Fami­li­en­be­trie­ben und KMUs bringen. Darüber hinaus sieht es Ver­wal­tungs­ver­ein­fa­chun­gen bei Betriebs­über­ga­ben im Gewer­be­recht vor sowie Ent­bü­ro­kra­ti­sie­rung und Kos­ten­sen­kung im Bereich des Arbeit­neh­mer­schutz­ge­set­zes. Hin­ter­grund für die Erhöhung von steu­er­li­cher Rechts- und Pla­nungs­si­cher­heit ist der Umstand, dass 2/3 aller Betriebs­über­ga­ben inner­halb der eigenen Familie erfolgen und ins­be­son­de­re für über­nah­me­wil­li­ge Nach­fol­ger im Fami­li­en­kreis größt­mög­li­che Rechts- und Pla­nungs­si­cher­heit geschaf­fen werden soll. Konkret erfolgt dies vor allem dadurch, dass bislang noch unge­prüf­te Zeit­räu­me des über­ge­ben­den Unter­neh­mens einer Außen­prü­fung unter­zo­gen werden.

Das Grace-Period-Gesetz über­nimmt dabei Elemente des bereits bestehen­den Instru­ments der “beglei­ten­den Kon­trol­le” und ist in Form der “beglei­te­ten Unter­neh­mens­über­tra­gung” ein weiterer Schritt in Richtung “Co-ope­ra­ti­ve Com­pli­ance”. Grund­vor­aus­set­zun­gen für steu­er­li­che Rechts- und Pla­nungs­si­cher­heit für den Über­neh­men­den sind eine erhöhte Offen­le­gungs­pflicht und ein lau­fen­der Kontakt zwischen Steu­er­pflich­ti­gen und dem Finanz­amt im Rahmen dieses Ver­fah­rens. Bedeut­sa­me Unter­schie­de zwischen der Beglei­tung der Unter­neh­mens­über­tra­gung und der beglei­ten­den Kon­trol­le sind etwa, dass bei der beglei­ten­den Kon­trol­le ein Steu­er­kon­troll­sys­tem (SKS) erfor­der­lich ist. Die obli­ga­to­ri­sche Außen­prü­fung im Rahmen des hier vor­ge­stell­ten Konzepts umfasst nur die letzten drei Jahre vor Antrag­stel­lung anstelle von fünf Jahren im Rahmen der beglei­ten­den Kontrolle.

Antrags­be­rech­tigt (Antrag­stel­lung ist ab 1.1.2025 möglich und hat zwingend über Finan­zOn­line zu erfolgen) zur Beglei­tung der Unter­neh­mens­über­tra­gung inner­halb der Familie sind natür­li­che Personen, die inner­halb von zwei Jahren einen Betrieb, Teil­be­trieb oder einen Anteil an einer Mit­un­ter­neh­mer­schaft, an dem bzw. der aus­schließ­lich Ange­hö­ri­ge betei­ligt sind, einem oder mehreren Ange­hö­ri­gen über­tra­gen wollen. Dabei ist eine voll­stän­di­ge Aufgabe des gesamten Betriebs für die Inan­spruch­nah­me der Begüns­ti­gung nicht nötig. Das nötige Ange­hö­ri­gen­ver­hält­nis ist weit gefasst und umfasst Über­tra­gun­gen unter Ehe­gat­ten und Ex-Ehe­gat­ten; unter Ver­wand­ten in gerader Linie und Ver­wand­ten zweiten, dritten und vierten Grades in der Sei­ten­li­nie; unter Ver­schwä­ger­ten in gerader Linie und Ver­schwä­ger­ten zweiten Grades in der Sei­ten­li­nie; Über­tra­gun­gen an Wahl-(Pflege-)Eltern oder Wahl-(Pflege-)Kinder; ebenso unter Personen, die mit­ein­an­der in Lebens­ge­mein­schaft leben, sowie an Kinder und Enkel einer dieser Personen im Ver­hält­nis zur anderen Person; und unter ein­ge­tra­ge­nen Partnern und Ex-eingetragenen-Partnern.

Weitere Vor­aus­set­zung ist, dass das Finanz­amt Öster­reich für die Beglei­tung der Unter­neh­mens­über­tra­gung und somit für Antrag­stel­ler und Erwerber zustän­dig ist. Sind alle Vor­aus­set­zun­gen erfüllt, so beginnt die beglei­ten­de Unter­neh­mens­über­tra­gung mit einer Außen­prü­fung, die poten­zi­el­le steu­er­li­che Risiken des Antrag­stel­lers und der Erwerber auf­zei­gen soll. Die beglei­ten­de Unter­neh­mens­über­tra­gung stellt dabei ins­be­son­de­re folgende Anfor­de­run­gen an die Außenprüfung:

  • Sie hat die letzten 3 Jahre vor der Antrag­stel­lung zu umfassen, sofern bereits eine ent­spre­chen­de Abga­ben­er­klä­rung ein­ge­reicht worden ist und noch keine Außen­prü­fung statt­ge­fun­den hat.
  • Sie soll inner­halb von 3 Monaten ab Antrag­stel­lung beginnen und
  • sie soll inner­halb von 6 Monaten abge­schlos­sen sein.

Derart geprüfte Unternehmen(steile) sind für die geprüf­ten Jahre von einer späteren Außen­prü­fung aus­zu­neh­men. Proaktiv und im Sinne der Rechts- und Pla­nungs­si­cher­heit können auch Bespre­chun­gen zwischen den poten­zi­el­len Erwer­bern und dem Finanz­amt statt­fin­den, in deren Rahmen auch Aus­künf­te über bereits ver­wirk­lich­te und noch nicht ver­wirk­lich­te Sach­ver­hal­te ein­ge­holt werden können (ein Aus­kunfts­be­scheid gem. § 118 BAO ist jedoch vorrangig).

Typi­scher­wei­se endet die Beglei­tung der Unter­neh­mens­über­tra­gung mit der Abga­ben­er­klä­rung für das Kalen­der­jahr, in dem die Über­tra­gung abge­schlos­sen wurde. Auf Antrag bzw. amts­we­gig ist ebenso eine vor­zei­ti­ge Been­di­gung möglich bzw. zwingend — etwa, wenn über das zu über­tra­gen­de Unter­neh­men ein Insol­venz­ver­fah­ren eröffnet wird.

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