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Ope­ra­ti­on in einer Pri­vat­kli­nik als außer­ge­wöhn­li­che Belastung?

Kate­go­rien: Klienten-Info

Dezember 2024 

Unter bestimm­ten Vor­aus­set­zun­gen können Kosten steu­er­lich als außer­ge­wöhn­li­che Belas­tung geltend gemacht werden. Dafür muss die Belas­tung außer­ge­wöhn­lich sein, zwangs­läu­fig erwach­sen und die wirt­schaft­li­che Leis­tungs­fä­hig­keit des Steu­er­pflich­ti­gen wesent­lich beein­träch­ti­gen. Das Merkmal der Zwangs­läu­fig­keit ist dann gegeben, wenn man sich der Belas­tung aus tat­säch­li­chen, recht­li­chen oder sitt­li­chen Gründen nicht ent­zie­hen kann. Solche tat­säch­li­chen Gründe können ins­be­son­de­re in der Krank­heit, Pfle­ge­be­dürf­tig­keit oder Betreu­ungs­be­dürf­tig­keit des Steu­er­pflich­ti­gen selbst oder naher Ange­hö­ri­ger gelegen sein. Dabei können auch Auf­wen­dun­gen, die nicht von der gesetz­li­chen Kran­ken­ver­si­che­rung getragen werden, zwangs­läu­fig erwach­sen, wenn sie aus trif­ti­gen Gründen medi­zi­nisch geboten sind. Bezogen auf die freie Arztwahl können selbst höhere Auf­wen­dun­gen als die von der Sozi­al­ver­si­che­rung finan­zier­ten, als zwang­läu­fig zu beur­tei­len sein, wenn triftige medi­zi­ni­sche Gründe vorliegen.

Das BFG hatte sich (GZ RV/7103207/2021 vom 30.9.2024) mit einem Fall aus­ein­an­der­zu­set­zen, in dem die Kosten für eine Wir­bel­säu­len­ope­ra­ti­on in einer Pri­vat­kli­nik als außer­ge­wöhn­li­che Belas­tung geltend gemacht werden sollten. Begrün­det wurde dies mitunter damit, dass massive Schmer­zen vorlagen, eine zeitnahe Ope­ra­ti­on in einem öffent­li­chen Kran­ken­haus (auch aufgrund der damals herr­schen­den COVID-19-Situa­ti­on) nicht gesi­chert war und überdies ein Hin­aus­zö­gern der Ope­ra­ti­on zu nega­ti­ven medi­zi­ni­schen Kon­se­quen­zen führen könnte.

Im Rahmen der Ent­schei­dungs­fin­dung führte das BFG aus, dass eine Steu­er­ermä­ßi­gung aufgrund einer außer­ge­wöhn­li­chen Belas­tung nur dann in Anspruch genommen werden kann, wenn auch die Gründe für die Inan­spruch­nah­me einzeln ange­führt und vom Steu­er­pflich­ti­gen zumin­dest glaub­habt gemacht werden können. Im kon­kre­ten Fall wurde seitens der Steu­er­pflich­ti­gen die Dring­lich­keit der Ope­ra­ti­on durch Arzt­brie­fe bestä­tigt und auch die generell schwie­ri­ge Situa­ti­on für Ope­ra­ti­ons­ter­mi­ne in Kran­ken­häu­sern während der COVID-Pandemie ange­führt — so war aufgrund von Corona kein sicherer OP-Termin möglich und eine War­te­zeit in einem öffent­li­chen Spital von min­des­tens 6 bis 8 Monate (ohne Garantie der danach erfol­gen­den Ope­ra­ti­on) anzunehmen.

Im kon­kre­ten Fall ver­nein­te das BFG die steu­er­li­che Abzugs­fä­hig­keit der Ope­ra­ti­ons­kos­ten als außer­ge­wöhn­li­che Belas­tung. Vor allem deshalb, da von der Steu­er­pflich­ti­gen zwar behaup­tet wurde, dass in einem öffent­li­chen Kran­ken­haus kein zeit­na­her Ope­ra­ti­ons­ter­min zu bekommen wäre, aller­dings nicht fest­ge­stellt werden konnte, wann sie in einem öffent­li­chen Kran­ken­haus konkret einen Ope­ra­ti­ons­ter­min bekommen hätte. Selbst wenn in Zeiten von Corona sich die Orga­ni­sa­ti­on eines Unter­su­chungs­ter­mins in einem öffent­li­chen Kran­ken­haus schwie­ri­ger gestal­te­te, so war dies jedoch nicht unmög­lich. Mangels Nach­wei­ses, dass die Ope­ra­ti­on in einem öffent­li­chen Kran­ken­haus nicht zeit­ge­recht möglich gewesen wäre, konnte das Vor­lie­gen trif­ti­ger medi­zi­ni­scher Gründe nicht fest­ge­stellt werden. Überdies wurde zwar mittels Arzt­brief die Dring­lich­keit der Ope­ra­ti­on bestä­tigt, konkret drohende ernst­haf­te gesund­heit­li­che Nach­tei­le bei einer späteren Ope­ra­ti­on wurden jedoch nicht dar­ge­legt. Dabei ist auch zu bedenken, dass in öffent­li­chen Kran­ken­häu­sern (gesetz­lich ver­an­kert) für die ärzt­li­che Behand­lung von Pati­en­ten aus­schließ­lich deren Gesund­heits­zu­stand maß­geb­lich ist — das Kran­ken­haus hat daher die Ope­ra­ti­ons­ter­mi­ne nach Dring­lich­keit der medi­zi­ni­schen Behand­lung zu vergeben.

Die steu­er­li­che Gel­tend­ma­chung von Kosten für die Behand­lung in einer Pri­vat­kli­nik führt oftmals zur Ableh­nung durch die Finanz­be­hör­den, da ange­nom­men wird, dass dies nur aufgrund der schnel­le­ren Behand­lung als in einem öffent­li­chen Kran­ken­haus geschieht. Eine sorg­fäl­ti­ge Beweis­vor­sor­ge ist not­wen­dig, um die strengen Hürden der steu­er­li­chen Aner­ken­nung als außer­ge­wöhn­li­che Belas­tung über­win­den zu können. So sollte vorab ein öffent­li­ches Kran­ken­haus um einen kon­kre­ten Ope­ra­ti­ons­ter­min ersucht werden — danach kann allen­falls eine Pri­vat­kli­nik kon­tak­tiert werden. Kann damit die längere War­te­zeit in einem öffent­li­chen Kran­ken­haus nach­ge­wie­sen werden und führt die längere War­te­zeit auf die Ope­ra­ti­on zu einem kon­kre­ten medi­zi­ni­schen Nachteil, so ist ein wich­ti­ges Kri­te­ri­um für die Gel­tend­ma­chung der typi­scher­wei­se höheren Kosten in einer Pri­vat­kli­nik als außer­ge­wöhn­li­che Belas­tung erfüllt. Alter­na­tiv müsste der Nachweis gelingen, dass im Zeit­punkt der Ope­ra­ti­on die Behand­lungs­me­tho­de in einer Pri­vat­kli­nik jener in einem öffent­li­chen Kran­ken­haus über­le­gen ist. Gelingt weder noch, liegt regel­mä­ßig keine außer­ge­wöhn­li­che Belas­tung vor.

Bild: © Adobe Stock — santypan